An – Aus – An – Aus – An
- Hannes Unger
- 11. Sept. 2017
- 5 Min. Lesezeit
Das Licht geht aus – das Licht geht wieder an. Das ist Alltag in meinem Leben hier in Gushegu. Oft geht das Licht gerade in den ungünstigsten Augenblicken aus. Man möchte früh morgens duschen, abends noch Blogeinträge oder Tagebuch schreiben und plötzlich geht das Licht aus. Ohne Taschenlampe und ohne meine ausreichend geladene Powerbank ist es nicht immer ganz so einfach.
Nach unserer Rückkehr vom orthopädischen Zentrum von Father Marius, aß ich zum ersten Mal außerhalb der Steyler Küche in Accra. Ich war ein wenig aufgeregt. Werde ich auch alles gut vertragen und ist es für mich als Europäer auch sauber genug ? Doch meine Bedenken wurden kurze Zeit später aufgelöst. Es gab leckeren Reis mit Nudeln, eine Tomatensoße, dazu frischen Salat, Gemüse und darüber ein Ei. Das Essen war sehr lecker und ich hatte hinterher keinerlei Probleme.
Für unser Gepäck, zum Fernbus in den Norden, reichte ein einziges Taxi leider nicht aus, da zu meinem Gepäck auch noch ein großer Lautsprecher dazukam, der für eine der Outstations gekauft wurde. Als wir schließlich am Abfahrtspunkt ankamen, waren dort bereits viele Menschen und Unmengen an Waren, die transportiert werden sollten. Von riesigen Tontöpfen, über Koffer, Fahrräder oder Taschen – es gab einfach alles. Ich war gespannt, was für ein Bus wohl kommen würde. Nach einiger Zeit kam dann ein relativ moderner Reisebus mit deutlich höherer Bereifung, so dass er geländetauglicher war, als die Busse, die wir aus Deutschland kennen. Die Abfahrtzeiten sind hier in Ghana nicht so ernst zu nehmen. Wir brachten unser Gepäck im Gepäckfach unter und ich bemerkte, dass der Verschluss der Stauraumklappe nicht mehr richtig funktionierte. Ich hoffte, dass alles gut gehen würde. Im Bus war jedoch nicht ausreichend Platz für unser Handgepäck und so musste ich die kleine Tasche mit meinen Wertgegenständen, den Papieren und dem Laptop auf mich nehmen, was mit der Zeit sehr schmerzhaft wurde. Ghanas Straßen sind überall mit kleinen Hügeln, zur Reduktion der Geschwindigkeit, versehen. An Schlaf war nicht zu denken. Da wir über Nacht fuhren bekam ich leider nicht viel von der Landschaft mit. Gegen zwei Uhr machten wir einen kurzen Zwischenstopp und es gab Reis mit Soße. Um 5:30 Uhr kamen wir dann bei Regen in Yendi an. Ich war froh, als ich endlich den Bus verlassen konnte.
Father Peter holte Emmanuel, Father Ireneus und mich mit dem Auto der Missionsstation ab – einem großen weißen Geländewagen (Toyota Hilux). Schon kurze Zeit später war mir klar, warum ein solch großes Auto hier notwendig ist. Die Straße zwischen Yendi und Gushegu ist zwar neu und super befahrbar. Sie ist Teil des Eastern Corridors, der hier seit einigen Jahren entsteht. Doch plötzlich hörte die geteerte Straße auf und wir mussten durch einen kleinen Fluss fahren, da die Brücke noch nicht gebaut ist. Ich war froh, in einem Geländewagen zu sitzen. Nach etwa 45 Minuten fuhren wir über eine Kuppe und dann sah ich das erste Mal Gushegu. Ich hatte es mir irgendwie kleiner und nicht so weitläufig vorgestellt. Durch ein Tor fuhren wir dann auf das Missionsgelände und ich sah die Gebäude, die für die nächsten Monate meine neue Heimat sein würden. Ich freute mich, doch ich war durch die lange Reise auch sehr müde.
Ein kleiner Überblick über das Gelände
Nachdem ich das Gepäck in mein eigenes Zimmer gebracht hatte, machte ich mich kurz frisch. Es ist nicht ganz so einfach wie zu Hause, aber ich bin mir sicher, dass ich mich schnell an die Gegebenheiten gewöhnen werde.
Die Kirche des "Christ the King Parish Gushegu"
Um 9:30 Uhr war dann Sonntagskirche - meine erste „richtige“ afrikanische Messe. Die Kirchengemeinde sang viele rhythmische Lieder, welche mit Congas und Schlagzeug begleitet wurden, was dem ganzen eine unglaublich ansprechende und mitreißende Dynamik verleiht. Man muss einfach mitsingen, mittanzen und mitklatschen. Es gibt mehr Sprechformeln, die die Gemeinde aufsagt und betet, als bei uns in Deutschland. Ich werde sie bestimmt sehr schnell lernen, da ich jeden Tag die Messe besuchen werde. Bei den Gebeten sind die Gemeindemitglieder stark eingebunden. Sie können nach vorne kommen und ihre Gebete frei vortragen. Außerdem werden jeden Sonntag verschiedene Gaben von den Gemeindemitgliedern mitgebracht, welche dann für die Patres und mich sind. Das können Getränke, Lebensmittel oder sogar Klopapier sein. Für die Kollekte gibt es ein besonderes Ritual. Bei der ersten allgemeinen Kollekte tanzen alle Gottesdienstbesucher zum Altar vor und werfen dort ihr Geld in eine Box. Später gibt es meist eine zweite Kollekte, die oft als eine Art Wettbewerb deklariert wird. Je nach Geburtswochentag wird wieder zur Kollekte-Box getanzt und erneut Geld gespendet. Die Wettbewerbsaufmachung, welcher Wochentag das meiste Geld erreicht, dient vermutlich dazu, dass eine große Summe an Geld zusammenkommt. Überwiegend besuchen hier vor allem Frauen den Gottesdienst. Es gibt nur wenig männliche Gottesdienstbesucher, meist sind es noch Kinder oder junge Erwachsene. Am Ende meines ersten Gottesdienstes durfte ich mich dann noch der Gemeinde vorstellen. Ich war ein wenig aufgeregt, aber es hat erstaunlich gut geklappt.
Wasserfabrik
Die nächsten Tage habe ich überwiegend damit verbracht, die Missionsstation zu erkunden, die Mitbewohner kennenzulernen und einfach mitzuleben. So habe ich in der Steyler Wasserfabrik beim Abfüllen der Wasserpäckchen geholfen, die dann später in Gushegu ausgefahren und verteilt wurden. Diese Fahrten in die Stadt begleite ich sehr gerne, da ich dabei die Möglichkeit habe, neue Leute und die Umgebung kennenzulernen. Dabei begegnen mir immer wieder Kinder, die mir zurufen: "Selewinka, how are you?", was bedeutet: "Weißer Mann wie geht es dir?" Viele dieser Kinder beantworten sich jedoch die Frage schon selbst mit "I´m fine, thank you". Ich denke, die Kinder wissen daher nicht, was sie tatsächlich sagen. Auf alle Fälle grüße ich immer freundlich zurück.
Als MaZ steht mir hier auch ein Motorrad zur Verfügung, was mein Vorgänger Johann, mit Unterstützung seiner Gemeinde, angeschafft hat. Mit einem Freund aus der Gemeinde fahre ich öfter durch die Gegend oder auch in die Stadt, so dass mir das Motorradfahren immer vertrauter wird. Ich genieße die Ausfahrten sehr.
Jeden Nachmittag gegen 16:00 Uhr wird Fußball gespielt. Was mich sehr freut ist, dass auch Father Peter fußballbegeistert ist und mitspielt.
Instandsetzung einer der Wasserpumpen
Ansonsten gibt es auf der Missionsstation viel zu tun. Vom Reparieren der Ventilatoren bis hin zur Installation einer reparierten Wasserpumpe für das Wasserwerk, ist alles dabei.
Was ich auch sehr spannend finde, sind die Besuche auf dem örtlichen Markt, welcher alle sechs Tage stattfindet. Von Kleidung über Gemüse oder Spaghetti gibt es dort alles zu kaufen. Das Angebot wechselt ständig und es ist nicht so einfach, gute und günstige Ware zu finden. Doch unsere Köchin Madame Jennifer, ist eine sehr nette und unglaublich freundliche Frau, die sehr gut über den Preis verhandeln kann. Man muss sich daran gewöhnen, dass gerade die Gewürze offen auf Säcken, auf dem Boden ausgebreitet liegen und auch sonst der Markt anders ist als ich es aus Deutschland kenne. Trotz Regenzeit, ist das Obstangebot eher gering. Ab und zu gibt es Kokosnüsse, gelbe Melonen und Bananen zu kaufen. Die frischen Kokosnüsse und die Bananen schmecken unglaublich lecker.
Ich vermisse deutsches Brot und jegliche Art von Milchprodukten. Aber ich denke, ich werde mich daran gewöhnen. Ich möchte in den nächsten Tagen auch mal selbst Brot backen.
Ich konnte in kurzer Zeit schon tolle Freundschaften knüpfen und verbringe immer wieder Zeit mit ihnen.
Nächste Woche geht es mit der Schule los. Ich werde als Lehrer für ICT (Computerunterricht) tätig sein und bin gespannt, was mich sonst noch so erwartet.
Ich hoffe, es geht euch allen gut?!
Der Bericht kommt wieder ein wenig verspätet, aber bedenkt:
Das Licht geht aus - das Licht geht wieder an!
Liebe Grüße aus dem schönen Ghana.
Euer Hannes
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