Ein sehr abwechslungsreiches Leben
- Hannes Unger
- 22. Nov. 2017
- 5 Min. Lesezeit
Father Peter und ich sind schwer mit Büchern beladen wieder in Gushegu angekommen und ich bin froh, dass auf der Reise alles gut gegangen ist. Ich freute mich meine Freunde und die Missionboys wieder zu sehen. Bis die Bücherei jedoch richtig eingerichtet ist, gibt es noch einiges zu tun. Die gekauften Bücher müssen alle gereinigt werden, anschließend nach Inhalt und Alter der Leser sortiert und dann katalogisiert und nummeriert werden. Diese neue Aufgabe gefällt mir sehr gut, ist aber auch sehr zeitaufwendig und ich finde es toll, dass mich Majeed, einer der Missionboys, tatkräftig dabei unterstützt.

v.l.n.r.: Hudu, Yaw, John, ich, Ibrahim
Mein Alltag ist sehr abwechslungsreich und spannend. An drei Vormittagen in der Woche unterrichte ich in der Grundschule ICT (Computer-Unterricht). Das macht mir auf der einen Seite sehr viel Spaß und auf der anderen Seite macht es mich auch wütend, denn die Kinder werden hier von den Lehrern noch geschlagen. Father Peter und ich arbeiten eng mit der Partnergemeinde Münster/Westfalen zusammen und wir setzen uns stark dafür ein, diese Methode der Bestrafung abzuschaffen und neue Wege aufzuzeigen. Es wird kein einfacher Weg werden, denn ein Großteil der Bevölkerung im Norden Ghanas und die Mentalität der Ghanaer unterstützt diese Art der Züchtigung. Ich hoffe, dass wir zum Wohle der Kinder hier nach und nach ein Umdenken anregen können.

Computerunterricht
Neben diesen Aktivitäten stehen auch die sonntäglichen Besuche der Outstations an. Wir können uns glücklich schätzen, dass seit der Abreise von Father Ireneus, fast jedes Wochenende ein Pater zu uns in die Gemeinde kommt, um den Gottesdienst zu gestalten. Father Peter und ich können daher die Messen in den Outstations halten. Das ist immer sehr beeindruckend für mich. Ich lerne dabei neue Leute kennen, erfahre wie sie ihren Glauben leben und habe auch die Möglichkeit die Umgebung zu erkunden. Ich bin dankbar für diese vielfältigen Erfahrungen. Die Gemeindemitglieder in den Outstations sind hauptsächlich Jugendliche und Frauen. Außer dem Katechist und dem Prayer-Leader besuchen kaum Männer den Gottesdienst. Die Kapellen der Outstations werden sehr unterschiedlich von den dortigen Gemeindemitgliedern gepflegt und für den Gottesdienst vorbereitet und geschmückt. Das liegt oft an der jeweiligen Anzahl der Gläubigen.
Father Mie Ma, der aus China kommt, besucht uns auch immer wieder in Gushegu. Er ist gerade in Karaga, einer Outstation von Gushegu, wo er einen Sprachkurs für Dagbani macht. Ich verstehe mich sehr gut mit ihm, was echt toll ist.
Der Oktober ist der Rosenkranzmonat, was bedeutet, dass jeden Abend ein Rosenkranz gebetet wird. Unser allabendliches Fußballspiel mit den Missionsboys war daher nur noch sonntags möglich, was ein bisschen schade war, da der Sport uns allen gut getan hat.
Jede Woche war eine andere Gruppe dran, den Rosenkranz zu leiten. In einer Woche im Rosenkranzmonat wurde den Gemeindemitgliedern vermehrt vom christlichen und katholischen Glauben erzählt. Anschließend konnten sie all ihre Fragen stellen, was sehr gut ankam. Ich glaube es sollten öfters solche Fragenrunden zu unterschiedlichen Themen stattfinden, da die Menschen teilweise sehr interessiert sind. Am Ende des Rosenkranzmonats stand eine Fahrt nach Shenin an. Dort hat die katholische Kirche ein Gelände, auf dessen Hügel sich eine Marien Statue und ein großes Holzkreuz befinden. Es gab drei Tage lang ein vielfältiges Programm. Am letzten Donnerstag im Oktober startete ein Bus von Gushegu aus nach Shenin. Die Anmeldungen waren zunächst sehr gering. Doch dann war der Bus so voll, dass alle Männer auf dem Dach des Buses mitfahren mussten. Auch unser Pick-up, mit Father Peter und mir, war mit 25 Menschen stark überfüllt. Aber die Missionare und NGOs aus anderen Ländern haben hier im Norden keine Probleme mit der Polizei, da sie zur Entwicklung des Landes beitragen. Als wir ankamen, gingen wir kurz auf den Berg. Am Fuße des Berges gab es Warenstände über Warenstände mit verschiedenen Getränken und Speisen, die in Ghana üblich sind. Nach einem kurzen Gebet an der Marien-Statue fuhren wir dann direkt nach Shenin, wo die Gemeindemitglieder in einer Schule übernachten konnten. Anschließend ging es nochmals zurück zum Berg, wo ein Abendgebet stattfand. Father Peter und ich schliefen in unserem Auto in der Nähe der Schule, und ich schlief besser als erwartet. Die sanitären Anlagen waren sehr spartanisch. Es gab nur ein Plumpsklo und als Dusche einen Eimer mit Wasser. Was mich immer wieder sehr beeindruckt ist die Freundlichkeit und Offenheit der Menschen. Nachdem das Wasser an der Schule aufgebraucht war, fragten wir in einem nahegelegenen Haus, ob wir uns dort duschen könnten. Wir wurden sofort freundlich begrüßt und bekamen Wasser zum Duschen.
Viele Menschen denken, dass alle Weißen hier in Ghana Priester sind. Sie rufen dann immer „Hello Father“ oder so etwas in der Art. Das ist dann manchmal befremdlich, da ich ja kein Priester bin. Am nächsten Tag war eine Messe mit dem Bischof von Bolga-Tanga. Die Messe wurde musikalisch von einer Band mit Trompete und Posaune begleitet. Es erinnerte mich an den Posaunenchor der Thomaskirche in Aulendorf. Nachmittags gab es für die mehreren Tausend Gläubigen die Möglichkeit zu den Priestern zur Beichte zu gehen. Father Peter nahm den Menschen mehr als 4 Stunden lang die Beichte ab. Am Abend wurde bei allen mit Weihwasser der böse Geist vertrieben. Diese Zeremonie war für mich sehr befremdlich, denn manche Leute vielen um, hatten Zuckungen und wurden dann weggetragen. Anschließend wurde für diese Menschen gebetet. Father Peter erklärte mir, dass dies alles nur gespielt sei, was mich dann sehr verwunderte. An diesem Tag kamen dann noch unsere Ordensschwestern und drei der Missionboys aus Gushegu nach Shenin. Wir verbrachten ein paar schöne Stunden zusammen. Zum Abschluss der dreitägigen Veranstaltung gab es eine Messe mit dem Bischofs aus unserer Region. Es waren wirklich 3 sehr interessante Tage in Shenin.
Nun ist Haupterntezeit in Ghana und ich half meinem guten Freund Yaw bei der Ernte seiner Sojabohnen. Er bewirtschaftet ein kleines Stück Land und verkauft die Ernte, um dann mit dem Geld seine Schulbeiträge zu bezahlen. Was dann noch übrig bleibt, wird für die Zukunft gespart. Die Ernte der Sojabohnen war sehr anstrengend, da hier alles von Hand gemacht werden muss. Außerdem sind die Bohnen ziemlich spitz und meine Hände wurden dadurch sehr beansprucht.
Gemeinsam mit den anderen Steylern aus dem Distrikt haben wir etwa alle vier Wochen ein Meeting, was immer sehr schön ist. Dabei hat man die Möglichkeit sich in angenehmer Runde auszutauschen. Die Meetings finden immer in Yendi, einer Stadt, etwa 45 Minuten von Gushegu entfernt, statt. Beim letzten Treffen nahm auch der Provinzial der Steyler von Ghana teil. Es war für mich sehr beeindruckend ihn zu treffen. Er hat uns auch versichert, dass er sehr bald Ersatz für Father Ireneus schicken will.
Ich hoffe euch geht es allen gut und ihr verkraftet den Übergang in die kalte Jahreszeit. Wenn nicht, sende ich euch in Gedanken ein bisschen Wärme aus Ghana, wo die Trockenzeit bereits begonnen hat.
Vielleicht kann ich euch mit meinen Blogbeiträgen einen kleinen Einblick in meinen Alltag hier in Gushegu vermitteln.
Bei aufkommenden Fragen könnt ihr mich jederzeit auf meiner Website (ungerhannes.wixsite.com/hannesunger) oder per E-Mail (unger.hannes@outlook.de) kontaktieren.
Viele Liebe Grüße aus Gushegu
Euer Hannes
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